Roadtrip auf den nordöstlichen Peloponnes
Da uns nach Wolfgangs Consulting noch etwas Zeit bleibt, beschließen wir, mit einem Mietauto ein paar Sightseeing-Highlights im Athener Umland zu erkunden. An der sehr zentrumsnah gelegenen Anmietstation erhalten wir ein winziges Fahrzeug ausgehändigt und schon kann es losgehen. Ohne nennenswerte Staus kommen wir aus Athen hinaus und fahren auf der Autobahn A8 westwärts.
Bei der Ausfahrt Loutraki erwartet uns ein wirklich außergewöhnliches Bauwerk, das zur Abwechslung keinerlei sakralen oder mythischen Hintergrund hat, sondern durch und durch praktischer Natur ist. Der Ende des 19. Jahrhunderts erbaute, gut 6 Kilometer lange Kanal von Korinth trennt den Peloponnes vom griechischen Festland und verbindet den Golf von Korinth mit dem Saronischen Golf. Zu seiner Zeit bedeutete das Durchfahren des Kanals eine enorme Erleichterung, da den Seefahrern das Umfahren des Peloponnes erspart wurde, was deren Seeweg um mehrere hundert Kilometer verkürzte - eine tolle Sache also.
Heute wird der Kanal nur mehr von kleineren Schiffen befahren, immerhin tun das aber noch ca. 30 täglich. So auch gerade als wir das technische Wunderwerk von der "Alten Brücke über den Kanal von Korinth" bewundern. Die Steilwände, durch die hier der Isthmus von Korinth abgegraben wurde, sind wirklich beeindruckend. Außerdem sind wir ganz hingerissen von der türkisen Farbe des Meerwassers, das den Kanal durchfließt.
Weiter südöstlich, nahe der Mündung des Kanals in den Saronischen Golf gibt es noch eine Brücke, von der man den Kanal gut einsehen kann. Sie liegt, dem natürlichen Geländeverlauf folgend, fast auf Meeresniveau und eröffnet nochmal eine ganz andere, interessante Perspektive.
Ab nun fahren wir nicht mehr auf der Autobahn weiter, sondern auf der küstennahe Straße Nummer 10 Richtung Süden. Bei der Bucht von Selonda gibt es einen einladenden Aussichtspunkt, von wo man einen wunderbaren Blick über die Küste hat. Die Landschaft ist nicht nur toll anzusehen, sondern verströmt auch den typisch mediterranen Geruch nach Oregano und Thymian.
Unseren nächsten Sightseeing-Stopp verdanken wir eher einem Missgeschick. Unser Navi leitet uns wohl nach Epidauros, was wir aber bis dahin nicht wissen ist, dass es gleich 2 Theater mit dem wohlbekannten, klingenden Namen gibt.
Ohne es zu wollen landen wir erst mal beim "Kleinen Theater von Palea Epidauros". Das ursprünglich 800 Personen fassende Bauwerk war dem Gott Dionysos geweiht. Nach mehreren Erweiterungen bot es schließlich sogar 2000 Personen Platz, war also gar nicht so klein. Interessant ist, dass es in der antiken Literatur gar nicht erwähnt wurde und daher in den 70er Jahren mehr zufällig entdeckt. Wir sind also nicht die einzigen, die über diesen Ort sprichwörtlich gestolpert sind.
Nach einer weiteren kurzen Fahrt erreichen wir schließlich das "richtige" Epidauros. Vom Parkplatz laufen wir ein kurzes Stück durch einen Pinienwald und dann liegt es vor uns, das große Theater von Epidauros. Das Bauwerk ist wirklich über die Maßen beeindruckend, einerseits aufgrund seiner Dimensionen, andererseits auch wegen seines hervorragenden Zustands. Trotz der sicher umfassenden Wiederherstellungsarbeiten wirkt die Anlage sehr authentisch und nicht überrestauriert, da haben die Archäologen ganze Arbeit geleistet. Besonders schön ist auch der Blick in die freie Landschaft, den man von den oberen Rängen des Theaters genießen kann. Wir könnten ewig hier sitzen, wenn es nur ein bisschen schattiger wäre. Das Sahnehäubchen bei unserem Besuchs ist eine kleine Gruppe von Leuten, die schon die ganze Zeit auf der Orchestra herumsteht. Wie sich herausstellt sind das Sänger und/oder Chormitglieder. Sie stimmen auf jeden Fall während wir dort sind einen recht schönen Gesang an und beweisen damit sich und uns, wie perfekt die Akustik in dem auch heute noch für Veranstaltungen genutzten antiken Theater ist. Das ist wirklich ein tolles Erlebnis.
Abgesehen von dem Theaterbau umfasst die archäologische Stätte noch einige weitere Ausgrabungen. Man kann einen Rundweg über das Gelände drehen und kommt noch am Asklepiostempel und am Stadion von Epidauros vorbei. Diese Teile der Anlage sind nicht mehr so gut erhalten wie das Theater, aber trotzdem recht beeindruckend, da wir eine gute Vorstellung von der Größe des Gesamtareals bekommen. Außer uns beiden und der Sängergruppe sind außerdem nur mehr ein paar vereinzelte Besucher unterwegs. Alles in allem ein wirklich lohnender Besuch!
Die nächste Station ist Nauplion, ein kleines Städtchen, das recht adrett am Argolischen Golf liegt und - man höre und staune - im 19. Jahrhundert mal die provisorische Hauptstadt Griechenlands war. So eine herausragende Bedeutung hätten wir eigentlich nicht vermutet, auch wenn die hoch über der Stadt gelegene Palamidi-Festung recht beeindruckend wirkt. Um da hochzusteigen ist es uns ehrlich gesagt schon ein bisschen zu warm. Wir begnügen uns mit einem Spaziergang durch die ziemlich herausgeputzten, dem Fußgängerverkehr vorbehaltenen, engen Gassen. Besonders entzücken uns die knallig-roten Bougainvilleas, die nicht nur ein echter Hingucker sind, sondern auch ein wenig heiß ersehnten Schatten spenden.
Als letzte Station unseres Mini-Roadtrips über den nordöstlichen Teil des Peloponnes steht die archäologische Stätte von Mykene auf dem Programm. Die Anlage aus der Vorklassik ist allgemein bekannt und uns vom Geschichtsunterricht her ein Begriff, wurde doch die gesamte mykenische Kultur nach ihr benannt. Der Militärstaat kam nach dem Fall der minoischen Zivilisation an die Macht, beherrschte zwischen 1100 und 1600 v.Chr. einen Großteil des südlichen Griechenlandes und ist eines der wichtigsten Zentren der griechischen Zivilisation.
Auffallend ist, dass die Stätte sehr idyllisch inmitten einer lieblichen Landschaft liegt, sanft geschwungene Berge und Olivenbäume so weit das Auge reicht. Der Platz gefällt uns sofort. Ebenso wie in Epidauros sind wir hier wieder fast allein, nur ein paar wenige Autos stehen auf dem Besucherparkplatz. Von dort sind es nur mehr ein paar Schritte zu den archäologischen Ausgrabungen. Noch bevor wir in die eigentliche Stadt kommen, stolpern wir über den sogenannten "Grabzirkel B", in dem in den 50er-Jahren Schachtgräber mit sehr reichen Grabbeigaben gefunden wurden. Der noch etwas eindrucksvollere "Grabzirkel" A wurde bereits von niemand geringerem als Heinrich Schliemann ausgegraben und befindet sich innerhalb der Burgmauern der Stadt.
Gleich hinter dem "Grabzirkel B" liegt das Grab des Aigisthos - ein sogenanntes Tholosgrab - das ursprünglich überwölbt war, dessen Kuppel aber heute nicht mehr vorhanden ist. Nach dem Passieren der Gräber laufen wir entlang einer wirklich beeindruckend präzise erbauten Zyklopenmauer auf das berühmte Löwentor von Mykene zu, das sehr gut erhalten ist und sozusagen die Visitenkarte Mykenes darstellt. Es ist wirklich wunderschön, nur größer haben wir es uns vorgestellt - ein Fehler, den wir bei archäologischen Stätten schon oft gemacht haben.
Hinter dem Löwentor sind dann die Reste der Oberstadt zu bewundern, die sich allerdings im Wesentlichen auf die Grundmauern der Gebäude beschränken und von wo man wieder einen wirklich reizenden Blick in die umgebende Landschaft genießt.
