Fahrt nach Muli

Borðoy, Viðoy und Tórshavn

02.03.2023
Roadtrip

Heute ist bereits der letzte Tag unseres 3-tägigen Stopovers. Da unser Schiff aber erst gegen Abend Richtung Island ausläuft, haben wir noch genug Zeit für weitere Erkundungen. Dafür wollen wir auf die nördlichen Inseln. Von Elduvík, wo wir starten, überqueren wir die Insel Eysturoy, um in Leirvík schließlich in den Norðoyatunnilin einzutauchen, der uns - wieder unter dem Meer durch - auf die Insel Borðoy bringt. Gleich hinter der Tunnelausfahrt liegt Klaksvík, die zweitgrößte Stadt der Färöer. Sie ist bekannt als Zentrum der Fischereiindustrie sowie als Heimat des sehr erfolgreichen Fußballclubs KÍ Klaksvík, was man sich merken sollte. 

Wir queren Borðoy und biegen dann bei Hvannasund auf eine "buttercup route" Richtung Norden ab. Diese ist selbstredend eine sehr kleine "Sackstraße", die entlang des Meeres nach Múli führt. Die winzige Ortschaft ist seit 2015 offiziell unbewohnt, was uns gerade heute nicht wundert. Obwohl die Sonne immer wieder durchkommt, ist es hier sehr windig und ziemlich ungemütlich. Wir machen trotzdem einen kurzen Spaziergang und ziehen dabei alles an, was wir haben. Von hier sieht man außerdem schön auf Viðareiði hinüber, wo wir später noch hinfahren wollen. 

Borðoy und Viðoy sind bei Hvannasund durch eine Straßenbrücke miteinander verbunden. Auf Viðoy gibt es eine einzige, ringförmig angelegte Straße, welche wir abfahren. Dabei kommt noch mehr die Sonne heraus und alles wirkt gleich so viel lieblicher. Auf den Aussichtsparkplätzen werden färöische Souvenirs nach dem Dorfladen-Prinzip angeboten. Es gibt Schafshörner und färöische Briefmarken zur Selbstentnahme. Das Geld hinterlässt man in einer eigenen Plastikbüchse. 

Viðareiði ist praktisch die einzige Ansiedlung auf Viðoy und gleichzeitig der nördlichste Ort der Färöer Inseln. Immerhin hat es über 300 Einwohner, was hier ja schon eine beachtliche Menge ist. Wir möchten gerne eine Blick in die Kirche werfen, aber wie so oft, ist auch diese zugesperrt. Der mit einer Natursteinmauer umgebene Friedhof daneben zählt lagemäßig sicher zu den privilegiertesten seiner Art. Die Aussicht auf die vorgelagerten Inseln und das Nordmeer ist umwerfend, auch wenn es hier wahrscheinlich niemand mehr zu schätzen weiß. 

Schön langsam geht es für uns wieder zurück Richtung Tórshavn. Erst durch den Norðoyatunnilin nach Eysturoy wie wir gekommen sind, dort aber Richtung Süden. An der Buch von Rituvík machen wir eine Kaffeepause. Rund um den Toftavatn führt eine weitere "buttercup route", die wir auch noch mitnehmen. Die Landschaft rund um den See unterscheidet sich etwas von dem, was wir bisher gesehen haben. Es ist irgendwie karger, trockener, heideartiger, was vielleicht auch daran liegt, dass die Gegend als sehr windig gilt.

Wir kommen nach Toftir und hier gibt es eine Besonderheit, die wir uns nicht entgehen lassen können - und zwar das Fußballstadion Svangaskarð. Es gilt erstens als eines der windigsten der Welt, was keinesfalls übertrieben ist. Auf der Anhöhe, wo es steht, bläst es so heftig, dass wir die Autotür auf der einen Seite kaum aufbekommen, auf der anderen Seite aber gut festhalten müssen. Die Böen sind wirklich unangenehm, und das obwohl heute ein ziemlich sonniger Tag ist.

Weiters war das Stadion das erste auf den Inseln, das den FIFA- und UEFA-Kriterien hinsichtlich der Austragung von Länderspielen genügt. Es wurde erbaut, nachdem beim Ländermatch Färöer - Österreich im Jahr 1990 unsere Nationalmannschaft der färöischen Amateurtruppe bei weitem unterlegen war. Dieses Spiel wurde übrigens im schwedischen Landskrona ausgetragen, da es auf den Färöer zu diesem Zeitpunkt eben noch kein dafür geeignetes Stadion gab. Heute gibt es jenes in Toftir und noch ein weiteres in der Hauptstadt Tórshavn. Es freut uns außerordentlich, dass wir sozusagen auf Umwegen dazu beigetragen haben, dass die Färinger ihr erstes anständiges Stadion bekommen haben.

Nach etwas "Kultur" geht es für uns zurück nach Tórshavn. Durch die Verbindung der Südspitzen Eysturoys und Streymoys durch den gut 11 km lagen Unterwassertunnels Eysturoyartunnilin sind wir im Nullkommanix dort. Was Yven - und auch uns - nachhaltig beeindruckt ist, dass der Tunnel auf der Eysturoy-Seite 2 mögliche Ausfahrten besitzt, auf die der Verkehr mittels eines 72 Meter unter dem Meer liegenden Kreisverkehrs aufgeteilt wird. Der Tunnel als ganzes wurde erst 2020 fertiggestellt, der Kreisverkehr ist der erste seiner Art weltweit.

Wir haben noch Zeit bis zum Auslaufen des Schiffs, also werden wir in einem Schnellprogramm auch die Hauptstadt Tórshavn besuchen. Erst peilen wir einen Aussichtspunkt auf einem Hügel südlich der Stadt an. Von da hat man einen schönen Überblick.

Da Yven auf der Fahrt Richtung Tórshavn Zentrum leider im Auto einschläft, machen wir den kurzen Stadtrundgang getrennt. Das Highlight dabei ist die Halbinsel Tinganes, die den ältesten Teil der Stadt bildet. Bereits um 900 versammelten sich hier die freien Männer der Färöer-Inseln zu öffentlichen Versammlungen und noch heute befindet sich der Amtssitz des Premierministers in einem der Holzhäuser auf Tinganes.  

Auch die Wohnhäuser hier sind teils schon hunderte Jahre alt. Die schwarzen Holzfassaden mit färbigen Akzenten und die einheitlichen Grasdächer sehen toll aus und verleihen dem Viertel eine Art Bullerbü-Charme. Der Dom zu Tórshavn befindet sich ebenfalls auf Tinganes. Das interessanteste an dem schmucklosen, protestantischen Bau ist die Geschichte der Kirchenglocke. Dies wurde nämlich aus einem gesunkenen Schiff der dänischen Ostindien-Kompanie recycelt.  

Yven verschläft also 2 ganze Besichtigungen, wird aber rechtzeitig wieder munter, als wir uns wie gehabt mit den anderen Fahrzeugen in einer langen Reihe im Hafen aufstellen. Leider ist die Norröna noch gar nicht da, so bleibt genug Zeit für einen weiteren Kaffee. Mit etwas Verspätung trudelt sie ein, die Be- und Entladung geht wie gewohnt sehr schnell vonstatten. Während sie noch im Hafen liegt, genießen wir einen letzten Blick von Deck auf Tinganes und Teile Tórshavns.  

Mit etwa 30 Minuten Verspätung legt die Norröna schließlich ab. Toll ist, dass wir auf der Fahrt Richtung Island den Leirvíksfjørður und die Djúpini, die Meerenge zwischen Kalsoy und Eysturoy, entlangfahren. Bei wunderbarem Abendlicht bekommen wir so noch einen schönen Blick auf die Inseln vom Meer aus. Schöner kann man den Färöer wohl nicht Lebwohl sagen.