Snæfellsnes Halbinsel
Der Tag beginnt mit herrlichem Wetter, also wenig Wind und viel Sonnenschein. Beides können wir für heute gut gebrauchen, denn es geht auf die Snæfellsnes-Halbinsel. Das dünn besiedelte Gebiet wird die westlichste Gegend sein, die wir erkunden. Sie gilt als landschaftlich besonders zauberhaft und wird oft als "Miniatur-Island" bezeichnet, da sie viele der auf der gesamten Insel vorkommenden Landschaftsformen auf kleiner Fläche vereint.
Bereits die Fahrt von Borgarnes Richtung Snæfellsnes ist beeindruckend. Den ersten längeren Halt legen wir am Strand Ytri Tunga ein. Wir haben gehört, dass man hier zu dieser Jahreszeit gut Robben beobachten kann. Das müssen wir natürlich unbedingt versuchen, und siehe da, wir haben Glück. Ganz nah am Ufer liegen einige wunderschöne Exemplare auf Steinen im Wasser und sonnen sich genüsslich. Auf einer Infotafel erfahren wir, dass es sich hierbei um Seehunde und Kegelrobben handelt. Außer uns sind zwar noch einige andere Besucher hier, aber bis auf wenige Ausnahmen, verhalten sich alle ruhig und zurückhaltend, so dass wir die lediglich etwa 50 Meter entfernten Tiere nicht stören und in Ruhe beobachten können.
Etwas abseits des Strands sehen wir außerdem noch Austernfischer-Nester. Um den Bodenbrütern etwas unter die Arme zu greifen, hat man ihnen Steinkreise für ihre Gelege gebildet, die sie offenkundig dankbar annehmen.
Nach dem schönen Strandbesuch mit Tiersichtung fahren wir an der Südküste Richtung Westen weiter. Bei Búðir wird die Landschaft unglaublich schön. Schneebedeckte Vulkane, Islandmoos in sämtlichen Grünschattierungen, Wasserfälle und das blitzblaue Nordmeer geben zusammen ein unbeschreiblich schönes Bild ab.
Unweit davon befindet sich die auf einem Lavafeld gelegene Búðakirkja, wo wir eine Kaffeepause einlegen. Das kleine, schwarze Kirchlein mitten im Nirgendwo wurde um 1850 erbaut, die Errichtung von einer in der Nähe wohnenden Witwe allein finanziert. Ihr Grabstein ist noch auf dem kleinen Friedhof neben der Kirche zu sehen. Es gibt sicher schlechtere Orte für die letzte Ruhe.
Bei Búðir biegen wir außerdem von der Straße 54 ab, um auf dem Útnesvegur den im Westen der Halbinsel gelegenen Vulkan Snæfellsjökull zu umrunden. Schon bald bekommen wir von der kleinen Straße aus einen atemberaubenden Blick auf den mit noch viel Schnee bedeckten 1446 Meter hohen Stratovulkan. Außerdem wird die Landschaft, die wir nun durchfahren, immer "vulkanischer". Es geht vorbei an mit Moosen bewachsene Lavafelder und die Abhänge der Berge leuchten in den absonderlichsten Farben.
Den nächsten Abstecher zur Küste unternehmen wir, um die Felsnadeln von Lóndrangar zu bewundern. Die durch Erosion entstandenen, bizarr geformten Basaltklippen ragen wie Finger mehr als 60 Meter in die Höhe. An den Felsen brüten angeblich auch Papageientaucher, aber - wie schon in Dyrhólaey - sehen wir nur gewöhnliche Möwen.
Weiter geht's auf dem Rundkurs um den Snæfellsjökull. Sehenswert soll der schwarze Strand Djúpalónssandur sein, wovon wir uns selbst überzeugen müssen. Er lässt sich schön auf einem etwa 1 Kilometer langen Rundweg erkunden, was ja ein netter Spaziergang ist. Einst befand sich hier eine gar nicht so kleines Fischerdorf mit in etwa 400 Bewohnern, heute ist der Abschnitt allerdings unbewohnt. Spuren menschlicher Zivilisation finden sich aber trotzdem, auf dem schwarzen Sand fristen nämlich die verrosteten Überrest eines 1948 vor der Küste gesunkenen britischen Trawlers ihr Dasein. Der Strand wird gesäumt von allerhand skurril aussehenden Fels- und Lavaformationen, ein Stück im Landesinneren befinden sich 2 Süßwasserlagunen und über allem thront der recht nahe liegende, majestätische Snæfellsjökull.
Ein Stück weiter die Straße entlang sehen wir linkerhand den Saxhóll Krater. Der ca. 100 Meter hohe Kegel kann mit nicht allzu großem Kraftaufwand bestiegen werden, was an und für sich schon verlockend ist. Da wir aber heute eine lange Fahrstrecke vor uns haben und einen ähnlichen Krater bereits im Lassen Volcanic National Park in Kalifornien bestiegen haben, lassen wir das mal sein.
Schön langsam kommen wir auf dem Rundkurs an die Nordküste der Snæfellsnes Halbinsel. Dort befindet sich wieder ein - Microsoft sei Dank - recht bekanntes Naturschauspiel. Der Kirkjufellsfoss in Kombination mit dem dahinter liegenden Berg Kirkjufell ist ein beliebtes Motiv des von uns hoch geschätzten Google Sperrbildschirms. Da haben wir uns schon einige Reise-Inspirationen geholte. Die Beliebtheit des Kirkjufellsfoss zeigt sich bereits auf dem Parkplatz, da er einer der ganz wenigen in Island ist, wo eine Parkgebühr fällig wird. Hier ein paar Kronen zu investieren, finden wir schon in Ordnung, dennoch ist die Sache aus unserer Sicht ein wenig überschätzt. Die Wasserfälle sind ja sehr nett, stechen in Island zwischen all den anderen Naturwundern aber eigentlich nicht besonders hervor. Vielleicht sind wir aber inzwischen einfach schon verwöhnt.
Als krönenden Abschluss dieses außerordentlich ereignisreichen Tages wagen wir eine Fahrt durch das sagenumwobene Lavalfeld Berserkjahraun. Ein kleines Abenteuer ist das insofern, als die enge Straße, die sich durch das geologisch interessante Gebiet zieht, wieder eine dirt road ist. Trotz fehlendem 4WD kommen wir aber ohne Schwierigkeiten durch, was gut ist, da wir auf dem gesamten Weg keinem anderen Fahrzeug begegnen. Auf Hilfe hätten wir hier wohl ziemlich lang gewartet.
Bis heute verbinden die Einheimischen das Lavafeld Berserkjahraun mit einer Geschichte aus der Eyrbyggja Saga. Ein Wikinger namens Vermóður kam vor langer Zeit mit zwei Brüdern – Berserker aus Schweden – in das Lavafeld. Da er mit den „Wilden Kerlen“ aber Probleme bekam, überließ er das Brüderpaar seinem Bruder Víga-Styrr. Eines Tages jedoch begehrte einer der Berserker die Tochter Víga-Styrs zur Frau. Dieser war über das Ansinnen nicht erfreut. Daher verband er seine Zusage mit einer schier unlösbaren Aufgabe: die Berserker-Brüder sollten einen Pfad durch das Lavafeld bauen, dazu noch eine kleine Befestigungsanlage in der Lava. Das gelang den beiden Brüdern wider Erwarten. Vígastyrs hielt sich jedoch nicht an sein Versprechen, ließ die beiden Berserkerbrüder töten und im Lavafeld begraben. (Quelle: www.just-iceland.com)
Mehr Landschaft, Naturwunder und Vulkanismus können wir heute eh nicht mehr vertragen und so peilen wir den Campingplatz in Stykkishólmur an, um dort die Nacht zu verbringen. Dieser liegt am südöstlichen Ortsrand und man hat von dort einen wunderbaren Panorama-Blick auf die weiter südlich im Inneren der Halbinsel gelegene Bergkette. Ein würdiger Abschluss für einen außergewöhnlich schönen Tag.
