O Cebreiro, Las Médulas und Ponferrada
Nachdem wir - wie geplant - sehr viel Zeit an der Nord- und Westküste Spaniens verbracht haben, wird es aber, da in ein paar Tagen unser Heimflug von Madrid aus ansteht, Zeit Strand, Meer und Leuchttürmen Lebewohl zu sagen. Ab Betanzos wird unsere Route nun durchs Landesinnere von Galicien sowie Kastilien und León führen. Auf der A-6 kommen wir gut voran, lassen Lugo links liegen und erreichen nach ca. 1,5 Stunden Fahrt durch immer gebirgiger werdende Landschaft das kleine Dorf O Cebreiro.
Die - natürlich am Jakobsweg gelegene - Ansiedlung ist winzig, zu unserem Entzücken aber komplett aus Naturstein erbaut. Das Ensemble inkl. Kirche ist überaus ansprechend und vor allem auch mit viel "Verstand" restauriert, nicht zu viel und nicht zu wenig. Zudem sind hier noch Pallozas zu bewundern. Das sind gemauerte und mit Reet gedeckte, elliptische Behausungen der Keltiberer, einem Volk aus vorrömischer Zeit. Eine von diesen fensterlosen Hütten ist auch von innen zu besichtigen, inkl. Feuer- und Kochstelle.
Vor allem berühmt ist O Cebreiro aber aufgrund eines Hostienwunders, das sich 1300 hier zugetragen haben soll. Tatsächlich soll hier Brot und Wein in sichtbares Fleisch und Blut umgewandelt worden sein. Das Gefäß mit dem das Blut aufgefangen wurde, ziert bis heute als "heiliger Gral" das Wappen Galiciens und soll Richard Wagner zu seinem Parsifal inspiriert haben.
Wir sind ganz hingerissen von dem kleinen Dörfchen, mehr wegen seines Erscheinungsbildes, weniger wegen der Legenden, die es umranken. Auf dem Dorfplatz kaufen wir uns in einem Café ein zweites Frühstück. In der Sonne sitzend hält man es hier grad so aus, an den Temperaturen merken wir nämlich deutlich, dass wir uns auf ca. 1300 Meter Seehöhe befinden. Während wir da so sitzen und die ankommenden und weggehenden Pilger ein wenig beobachten, biegt plötzlich ein bunt bedruckter Lieferwagen um die Ecke, der Gepäcktransport für Pilger anbietet. Das Gefährt wirkt in O Cebreiro ziemlich anachronistisch und wir finden auch, dass das schon ein wenig gemogelt ist.
Nicht weit von O Cebreiro gibt es eine andere, höchst interessante Sehenswürdigkeit - Las Médulas. Es handelt sich dabei um die ehemals bedeutendste Goldmine des Römischen Reichs. Den besten Blick darauf soll man vom Mirador de Orellán haben, welcher nur einen kurzen Fußmarsch vom gleichnamigen Parkplatz entfernt liegt. Der Blick von der Aussichtsplattform ist tatsächlich grandios und wir bestaunen lange die eigenwillig geformte Landschaft, die das Resultat der damals angewandten Bergbautechnik ist, die darin bestand die vorhandenen Berge zu durchlöchern und dann auszuschwemmen.
Es gibt auch die Möglichkeit, einen Teil der Stollen von innen zu besichtigen. Wir waren dafür leider etwas zu spät dran und mit Yven wär das ebenfalls nicht gegangen, da es für die Stollen-Tour ein Mindestalter von 3 Jahren gibt. Macht nichts, wir fanden es auch so beeindruckend.
Unser heutiges Etappenziel ist Ponferrada, eine im Prinzip unschöne Industriestadt mit weithin sichtbarem Atomkraftwerk, die aber mit einem ganz besonderen Highlight aufwartet. Es soll dort eine ungemein tolle, wie aus dem Lego-Katalog entsprungene Kreuzritterburg geben und die wollen wir uns natürlich ansehen.
Womit wir wieder mal nicht gerechnet haben ist, dass auch die Ritterburg eine Siesta macht, so dass wir erst mal vor verschlossenen Toren stehen. Um die halbe Stunde bis zur Nachmittagsöffnung rumzubiegen, gehen wir in ein Lokal auf der anderen Straßenseite und essen dort noch einen Happen. Die mit Bacalao gefüllten Paprika, die wir bestellen, schmecken hervorragend.
Just in dem Moment, wo wir dann die Burg betreten, zieht ein Gewitter auf und lässt auch gleich einen ordentlichen Regenguss auf uns nieder. Wir flüchten nun praktisch in die Burg und starten den Rundgang mit der Kapelle und den Räumlichkeiten der Sonderausstellung. Zu sehen sind hier Kopien der berühmtesten noch vor der Zeit des Buchdrucks angefertigten Bücher, so dass wir es nun auch endlich schaffen, uns das Book of Kells anzuschauen.
Glücklicherweise klingt nach einer Weile der Regen wieder ab und los geht es mit der eigentlichen Burgbesichtigung. Diese wurde wirklich nicht zu Unrecht in den höchsten Tönen gelobt. Auch wir sind begeistert von den vielen Umgängen mit Zinnen, Wehrtürmen, Gittertoren, engen Wendeltreppen, Burghöfen und, und, und.
Wirklich jeder Winkel der Burg kann besichtigt werden und die ausgeschilderte Rundtour ist extrem kurzweilig. Zudem bieten sich von den Türmen wunderbare Ausblicke auf Ponferrada. Es macht uns allen 3 unglaublichen Spaß all die Räume und Gänge zu erkunden und für Yven ist das definitiv auch ein ganz tolles Erlebnis. So macht Mittelalter Spaß!
Da viele Campingplätze um die Jahreszeit schon geschlossen haben, haben wir für heute ordentlich recherchiert und der im Westen Ponferradas gelegene Campingplatz Bierzo hat auch tatsächlich noch geöffnet. Auf dem weitläufigen Gelände ist kaum was los, was sehr angenehm ist und - ein Highlight für jeden Camper - sogar zum Abwaschen gibt es warmes Wasser. Was für ein gelungener Tag!
