Roadtrip nach Toruń und Malbork
Für die Fahrt von Warschau nach Danzig leihen wir uns in Warschau ein Mietauto aus. Da die Strecke in etwa 400 Kilometer lang ist, brauchen wir dann auch einen halben Tag, bis wir unser Ziel an der Ostsee erreichen. Nichtsdestotrotz nehmen wir noch die auf der Strecke liegenden Sehenswürdigkeiten mit, die uns am interessantesten erscheinen.
Bei der Hinfahrt ist das die entzückende Stadt Toruń, deren Stadtbild von den vielen Bauten der Backsteingotik lebt. Die Altstadt zählt heute auch zum UNESCO Weltkulturerbe und ist - mit Ausnahme eines Straßenzugs - vollständig mittelalterlich.
Wir parken das Mietauto im Nordosten der Altstadt und schlendern dann über den Neustädter Markt und weiter bis zum im Zentrum liegenden Altstädter Ring. Dort aufgestellt ist das Standbild von Toruńs wohl bekanntestem Bürger, der sich von hier aus bis in alle Welt einen Namen gemacht hat. Nikolaus Kopernikus wurde in Toruń geboren, gilt als Begründer des heliozentrischen Weltbilds und war seiner Zeit wohl weit voraus. Heute wird vor dem kupfernen Abbild des Visionärs leider eine Demonstration von mehr oder weniger militanten Abtreibungsgegnern veranstaltet. Wir können somit bestätigen, dass die Thematik in Polen tatsächlich sehr kontrovers zu sein scheint.
Das den Platz dominierende Gebäude ist das Altstädtische Rathaus mit seinem 40 Meter hohen Turm, der der Öffentlichkeit zur Besteigung zugänglich ist. Das lassen wir uns natürlich nicht zwei Mal sagen. Der Blick über das Häusermeer des Mittelalter-Städtchens ist ganz entzückend. Besonders schön finden wir, dass man von hier oben die uns umgebenden Kirchen so gut betrachten kann, viel besser als vom Boden aus. Außerdem hat der Turm genau die passende Höhe, um schon über den Dächern zu sein, aber doch noch sehr nah an den Gebäuden dran. Wir nennen das ab nun „Pumuckel-Perspektive.“ Neben der Heilig-Geist-Kirche und der Johanneskirche ist vor allem die Marienkirche überaus imposant. Die extrem übersteigerten gotischen Proportionen lassen sie wie eine Karikatur ihrer selbst aussehen.
Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass Toruń auch kulinarisch etwas zu bieten hat. Es ist für seine Lebkuchen bekannt, die hier vermutlich bereits im 13. Jahrhundert hergestellt wurden. Natürlich kaufen wir uns eine Kostprobe, die hervorragend schmeckt. Das Essen von Lebkuchen - insbesondere auf Reisen und außerhalb der Weihnachtszeit - ist schließlich schon fast eine Familientradition.
Lediglich 20 Kilometer von Danzig entfernt liegt Malbork, zu Deutsch Marienburg, und genau wegen dieser sind wir hier. Es handelt sich dabei um eine mittelalterliche Ordensburg, die wie Toruń aus dem 13. Jahrhundert stammt, vorwiegend aus Backstein besteht und an der Weichsel liegt. Eine Sache aber zeichnet das Bauwerk vor allem aus. Die Marienburg ist die größte Burg der Welt. Das hätten wir erst gar nicht gedacht.
An dem Tag unseres Besuchs ist sie eigentlich geschlossen und es finden keinerlei Führungen statt. Trotzdem wird eine Art DIY-Führung mit Audioguide angeboten, die wir gerne machen. Die recht gut und kurzweilig erzählte Geschichte des Audioguides führt uns über weite Teile des Außenareals als auch in die halböffentlichen Bereiche im Inneren der Burg.
Der Bau, der der Backsteingotik zuzurechnen ist, ist - ohne ins disneyhafte abzugleiten - solide restauriert. Dies ist insofern beachtlich, als uns eine großformatige Fotografie an der Ostseite darüber aufklärt, wie die Burg nach den Angriffen der Sowjetarmee zum Ende des 2. Weltkriegs aussah.
Bis zu 60% der Bausubstanz waren vollkommen zerstört. Bereits im Jahr 1946 wurde allerdings mit der Restaurierung begonnen, was zeigt, welchen Stellenwert die Burg im Nachkriegs-Polen hatte. Die Restaurierung ist aus denkmalpflegerischer Sicht vorbildlich. Absichtlich wurden die Spuren der Zerstörung sichtbar belassen indem die ergänzten Teile zwar die gleiche Materialität aber eine leicht andere Färbung erhielten als die Originale.
