3 Tage in der Stadt der Engel
Los Angeles ist die erste und letzte Station unserer Reise durch den Südwesten der USA. Während wir bei unserer Ankunft nur eine Nacht hier verbringen, planen wir vor Abreise, ein paar Tage in der Stadt zu verbringen. Von Norden her nähern wir uns der Mega-Metropole. Es ist bereits dunkel als wir sie erreichen und uns über 10-spurige Autobahnen bis zu unserem Motel in der North Alvarado Street in Echo Park durchschlagen. Wir parken hinter dem erwartungsgemäß recht durchschnittlichen Etablissement und suchen noch einige Sachen im Kofferraum zusammen. Dabei kreist die ganze Zeit ein Hubschrauber mit Suchscheinwerfer über uns. Uns ist nicht ganz klar, ob dieser den Verkehr beobachtet oder entlaufene Verbrecher sucht, komisch ist es allemal. Da wir unbedingt noch was Essen wollen, gehen wir zu Fuß Richtung Sunset Boulevard nach Norden. Im Stockdunkeln streifen wir an leeren Grundstücken, Schrottplätzen, ... vorbei. Na ja, die Stadt der Engel lässt bis jetzt unsere Herzen nicht höher schlagen. Mal sehen, was wir hier in den kommenden Tagen noch erleben werden. Am Sunset Boulevard finden wir dann aber doch ein recht nettes Lokal, in der wir uns eine American Pizza schmecken lassen. Dazu gibt es Bier, und siehe da, es gibt auch eine „international selection“, in der Trumer vertreten ist. Wir nehmen 2 davon.
In dem Motel in der North Alvarado Street bleiben wir insgesamt 3 Nächte. Es ist zwar wahrlich keine herausragende Unterkunft, aber angenehm gelegen, um die diversen Spots in der Stadt zu erkunden. Für die letzte Nacht vor unserer Abreise wechseln wir in das unweit des Flughafens und der Vermietstation gelegene Super 8 Motel Los Angeles Flughafen. Das Motel ist ein genau so abgewrackter Kasten wie der in der North Alvarado Street. Zur Abwechslung kreist aber kein Hubschrauber darpber, sondern es zieht alle 3 Minuten ganz knapp eine Boeing 747 darüber hinweg. Es ist laut und ungemütlich hier, aber noch näher zum Flughafen ging einfach nicht, was uns in Anbetracht unseres sehr frühen Heimflugs entgegenkommt.
Wer Los Angeles hört, denkt natürlich unweigerlich an die Traumfabrik "Hollywoood". Auch wir statten dieser selbstredend einen Besuch ab.
Wir parken unweit des Hollywood Boulevards, so ziemlich auf Höhe des östlichen Endes des Walk of Fames und gehen diesen dann Richtung Westen ab. Über 2000 Sterne zieren die Gehsteige beidseits des Hollywood Boulevards, einige Namen sind uns natürlich bekannt, viele allerdings auch nicht, was nicht weiter verwunderlich ist, wenn man bedenkt, dass der Walk of Fame bereits seit 1960 existiert und auf ihm auch viele Größen des "Alten Hollywood" vertreten sind.
So um die Highland Avenue liegt das eigentliche Herz Hollywoods. Hier befindet sich unter anderem das Dolby Theatre, in dem seit 2002 die Oscars verliehen werden. Gleich daneben das Chinese Theatre, welches in den 20ern in Form einer chinesischen Pagode errichtet wurde. Es ist eines der wenigen Gebäude, die an das Hollywood vergangener Tage erinnern, und es macht schon was her. Davor demonstriert laut singend eine kleine Gruppe tiefreligiöser, asiatischstämmiger Christen. Da haben sie sich einen schönen Platz ausgesucht.
Nach unserem ausgedehnten Rundgang auf dem Hollywood Boulevard machen wir mit dem Auto einen Abstecher in die Hollywood Hills. Vom Deronda Drive haben wir einen ganz passablen Blick auf den Hollywood Schriftzug. In den Hügeln gibt es einige Architekturhighlights, die Iris sich gerne ansehen würde. Leider sind die Häuser der Reichen und Schönen durchwegs gut mit Hecken und Mauern abgeschirmt, so dass es überaus schwierig ist auch nur einen Blick zu erhaschen.
Und so müssen wir uns auch mit der wenig aufregenden Straßenansicht des Samuel-Novarro House zufriedengeben. Das Art-déco-Haus in 2255 Verde Oak Drive wurde um 1900 vom Sohn Frank Lloyd Wrights entworfen, war einmal im Besitz Diane Keatons und wäre durchaus sehenswert gewesen.
Mehr Glück haben wir in West Hollywood, wo sich das Schindler House, welches praktisch als Außenstelle des MAK betrieben wird, befindet. Das 1922 errichtete Gebäude wurde von Rudolph M. Schindler, einem in Österreich geborenen und in die USA emigrierten Architekten, entworfen und ist der klassischen Moderne zuzurechnen. Das Haus ist mehr oder minder unverfälscht erhalten geblieben. Der offene, flexible Grundriss und die architektonischen Details sind wunderschön gelöst. Wolfgang ist außerdem froh, hier auch die vielleicht nicht mehr ganz originale Toilette benutzen zu dürfen.
Los Angeles ist eine Stadt der Kontraste und so fahren wir als nächstes nach Beverly Hills, wo wir auf dem berühmten Rodeo Drive herumspazieren. Die Ambiente ist durchaus als "neureich" zu bezeichnen. Protzig und unbescheiden reihen sich die teuren Läden aneinander und auch am Beverley Wilshire Hotel kommen wir vorbei, welches dem aufmerksamen Pretty-Woman-Zuseher ein Begriff sein dürfte. In all diesem Kitsch-und-Glamour-Umfeld sind allerdings auch ein paar dezentere, stilvollere Spots zu finden, so beispielsweise die Anderton Court Shops von Frank Lloyd Wright höchstpersönlich. Auch der Gucci Store tut den Augen nicht weh.
Von Beverly Hills fahren wir nach Norden wieder in die Hollywood Hills hinein, bis wir so ziemlich den Anfang des Mullholland Drives erreichen. Dieser legendären Straße folgen wir dann Richtung Osten. Die Bebauung hier oben ist weniger dicht und so durchfahren wir immer auch unbebaute, bewaldete Abschnitte. Teilweise ergeben sich tolle Ausblicke auf die endlos erscheinende Stadt zu unseren Füßen.
Um unseren Hollywood-Tag abzurunden, wollen wir noch das ebenfalls in den Hollywood Hills gelegene Griffith Observatory besuchen. Das in den 30er-Jahren im Art-Déco-Stil errichtete Planetarium zeigt eine interessante Dauerausstellung. An dem Tag unseres Besuchs werden nach Einbruch der Dunkelheit im Freien 2 Teleskope aufgestellt, durch die man unter anderem den Saturn sehen kann. Dafür lohnt es sich doch, sich kurz anzustellen. Abgesehen vom Blick zu den Sternen bietet die Terrasse des Bauwerks auch einen ebensolchen über Los Angeles. Und zwar einen ganz tollen. Darum möchten wir diesen Punkt als Top-Spot deklarieren.
Tipp: Top-Spot
Was wäre Los Angeles ohne seine vielgerühmte Strandkultur. Um uns selbst ein Bild davon zu machen, beschließen wir einen ausgedehnten Spaziergang von Venice Beach bis zum Santa Monica Pier und wieder zurück zu machen.
Wir schauen in Venice eine Zeit lang den Bodybuildern am Muscle Beach zu. Unter ihnen war einst auch Arnold Schwarzenegger, was aber auch nicht dazu beiträgt, hier wahre Begeisterung aufkommen zu lassen. Da fehlt uns wohl einfach das Interesse. Besser gefallen uns die teils riesigen Wandgemälde und Graffiti an den Häuserfassaden, die den alternativen Charakter der Strand-Community betonen und ein wenig vom insgesamt etwas abgeranzten Zustand des Viertels ablenken.
Wir schlendern die Promenade entlang, kaufen uns Sonnenhüte und beobachten das rege Treiben auf dem weitläufigen Sandstrand. Hier ist wirklich einiges los, es wird gebadet, gepicknickt, Volleyball und Fußball gespielt, .... Hier spielt sich das pralle Leben ab und so kann man schon von Strandkultur sprechen. Insgesamt ist es uns aber doch zu überlaufen.
Das trifft auch auf den berühmten Santa Monica Pier zu, wo die legendäre Route 66 unverständlicherweise in einem ziemlich mittelmäßigen Rummelplatz endet. Wir kaufen uns was zu trinken und schlendern wieder Richtung Venice zurück.
Als großer "Baywatch"-Fan lässt Wolfgang es sich nicht nehmen, sich im Schatten einer typischen Rettungsschwimmer-Station in die Fluten zu stürzen. Das Serien-Intro haben wir sowieso schon die ganze Zeit als Ohrwurm. Für dieses Erlebnis muss er ganz schön die Zähne zusammenbeißen. Der Pazifik an der US-Westküste wird von sehr kalten Meeresströmungen durchzogen, das ist definitiv nur was für Hartgesottene. Zudem ist die Brandung auch nicht ganz ungefährlich. Ob das als Handlungsgrundlage für eine 11-staffelige Serie ausreichend ist, muss jeder für sich selbst entscheiden.
Zu einem späteren Zeitpunkt besuchen wir noch den weiter südlich gelegenen Hermosa Beach. Dieser ist dann tatsächlich auch nach unserem Geschmack. Vor adretten Holzhäusern breitet sich der ebenso weitläufige wie saubere Sandstrand aus. Die wenigen Menschen, die sich hier tummeln, verlaufen sich. Wir setzen uns in den Sand und blicken aufs Meer hinaus. Nun, das hat schon was. Diesmal mit dem Sound der Beach Boys im Ohr schauen wir der Sonne beim Untergehen zu.
Obwohl Los Angeles an sich ja extrem zersiedelt und eine Agglomeration aus verschiedenen, stark unterschiedlichen Stadtbezirken ist, gibt es auch hier so etwas wie eine Downtown. Das Viertel um den Pershing Square besitzt Hochhäuser wie jede andere amerikanische Downtown, einige sehen aber ganz schmuck aus und versprühen so eine Art "Hollywood von Gestern"-Charme. Auffällig ist die hohe Konzentration an Diamanten- und Schmuckhändlern im Jewellery District. Recht gut gefällt uns der Grand Central Market, wo es sich lohnt eine Essenspause zu machen. Und als wir beim Herumflanieren noch etwas weiter nach Norden gehen, kommen wir tatsächlich an einem zeitgenössischen Architektur-Highlight vorbei, der vom Architekten Frank Gehry erbauten Walt Disney Concert Hall. Die Formensprache ist unverkennbar, passt aber auch hier perfekt ins Stadtbild.
An unserem letzten Tag in Los Angeles wollen wir etwas ganz Spezielles unternehmen. Dafür müssen wir allerdings nach Long Beach im Süden der Stadt fahren, wo der Hafen liegt, von dem aus wir eine Whale-Watching-Tour unternehmen. Obwohl auch dieses Stadtviertel ein Teil von Los Angeles ist brauchen wir von Echo Park sage und schreibe 1,5 Stunden bis wir dort ankommen - und da war nicht einmal sonderlich viel Verkehr.
Los geht es beim Aquarium of the Pacific, wo wir ein recht schnittig aussehendes Boot der Harbor Breeze Cruises besteigen. Auf der gegenüberliegenden Seite des Hafenbeckens liegt die RMS Queen Mary. Der Ozeanriese aus den 30er-Jahren, der auch im 2. Weltkrieg eingesetzt wurde, ist nicht mehr im Dienst und dient nun im Hafen von Long Beach als schwimmendes Hotel.
Der erste Eindruck, den wir von unserem Boot haben, täuscht uns nicht. Mit ordentlicher Geschwindigkeit brausen wir über die Wellen aufs offene Meer hinaus. Bald sehen wir auch jede Menge Delfine, die unser Boot begleiten und vergnügt im Wasser herumspringen. Da ist wirklich gleich der Spieltrieb erkennbar.
Weit draußen haben wir dann tatsächlich das Glück, das größte Tier der Welt zu erspähen, einen Blauwal. Einige Male erhebt er sich aus den Fluten, mal sehen wir die Seitenflosse, mal ein Stück Rücken und mal auch sehr dekorativ die unverkennbare Schwanzflosse.
Zwischen den Sichtungen vergehen immer einige Minuten, da der Blauwal ganz schön lang tauchen kann. Mit dem superschnellen Boot sind wir aber immer gleich wieder relativ nahe dran. Die Crew erzählt einiges Wissenswertes über den Meeresbewohner und macht das Ganze zu einem unvergesslichen Erlebnis. Abgesehen von vielen tollen Erinnerungen bringen wir von der Tour auch einen leichten Sonnenbrand mit nach Hause.





