Highway No1

Roadtrip auf dem Highway No. 1

01.10.2021
Roadtrip

Von San Francisco kommend fahren wir Richtung Süden - vorbei an San José - und treffen bei Salinas das erste Mal auf den berühmten Küstenhighway No. 1, auf dem wir im großen und ganzen bis Los Angeles fahren wollen.

Da es in unserem Reiseführer angepriesen wurde, statten wir Carmel-by-the-Sea einen Besuch ab. Die Künstlerkolonie, in der einst Clint Eastwood Bürgermeister war, gilt als besonders reizvolles, adrettes und auch teures Städtchen. Nun, wir können das bestätigen, es ließe sich hier schon aushalten. Barfuss waten wir durch den kühlen Sand am Carmel River State Beach. Heute ist es noch bewölkt und vom Meer her weht ein frischer Wind, das tut so gut nach 2 Wochen in der Wüste!

Nicht weit von Carmel befindet sich das Point Lobos State Reserve. Das winzige Naturreservat ist bekannt für seine Seeotter-Population. Die possierlichen Tierchen sehen wir leider nicht in natura, allerdings ist bei einem Infostand das Fell eines Seeotters zum Angreifen ausgestellt. Unglaublich, wie dicht und weich das ist. Kein Wunder, dass die Felle zur Pionierzeit ein begehrtes Handelsgut waren. Der Küstenabschnitt im Point Lobos State Reserve ist wunderschön. Interessant brandet der Pazifik um die zerklüfteten Felsen, die teils mit einer ganz eigenwilligen, heideartigen Vegetation bewachsen sind. Das Sahnehäubchen sind jede Menge Seelöwen, die sich auf den Felsen aalen. Helle, dunkle, scheckige, es ist für jeden Geschmack etwas dabei!

Hinter Point Lobos beginnt der einsamste und sicher auch landschaftlich reizvollste Abschnitt des Highway 1. Die Wolken haben sich mittlerweile gehoben, ein paar letzte Nebelfetzen hängen noch über der atemberaubend schönen Küste. Die Straße verläuft immer auf den steil zum Pazifik abfallenden Klippen, so dass man die ganze Zeit über die Aussicht auf das perfekte Zusammenspiel aus Felsklippen, Meeresbrandung und typischer Küstenvegetation genießen kann. Die Bixby Bridge ist eine wichtige Landmark, an der wir vorbeikommen. Die in den 30er-Jahren errichtete Art-déco-Brücke ist eine der wenigen baulichen Strukturen auf diesem Abschnitt, die als vom Menschen gemacht ins Auge fällt. Bis San Simeon gibt es praktisch keine nennenswerten Siedlungsgebiete oder dergleichen, nichts als Küste, Küste, Küste und der weite Blick auf den Ozean.

Unweit der Straße befinden sich die McWay Falls, die dem Julia Pfeiffer Burns State Park angehören. Perfekt ergießen sie sich in eine wunderschöne, geschützte Bucht mit türkisfarbenem Wasser und einem kleinen Strand. So ein schönes Fleckchen!

Lange fahren wir so dahin, machen unzählige Fotostopps und genießen nach der Wüste und dem Hochgebirge nun diesen einzigartigen Küstenstreifen. Mal fallen die Klippen steil und schroff direkt ins Meer, mal wird der Ozean von menschenleeren Traumstränden gesäumt.

Wir könnten noch ewig so weiterfahren, kurz vor San Simeon zieht aber ein Schild unsere Aufmerksamkeit auf sich. Es ist der Wegweiser zu einer Seeelefanten-Kolonie, die wir uns natürlich ansehen wollen. Und tatsächlich: Auf dem Strandabschnitt liegen einige von den Kolossen mit dem Rüssel. Wie viele genau, lässt sich schwer sagen, da sie sich übereinandergeschichtet haben. Manchmal drängt sich einer von unten nach oben und dann geht es ganz schön ruppig zu. Wir beobachten sie lange und hören ihnen auch zu: Sie stoßen wilde Rufe aus und ihre Mägen blubbern unglaublich laut. Was für eigenartige Tiere!

In San Luis Obispo erreichen wir unser Etappenziel und übernachten im überraschend komfortablen Vagabond Inn, in dem es zum Frühstück sogar Muffins aus der benachbarten Bäckerei gibt.

Am nächsten Morgen machen wir noch einen kurzen Spaziergang durch das für amerikanische Verhältnisse recht adrette Städtchen San Luis Obispo. Teils ist an den Gebäuden ein gewisser mexikanischer Einschlag zu erkennen, an echten Sehenswürdigkeiten mangelt es aber trotzdem, natürlich abgesehen von der Bubblegum Alley. Die Wände der gut 20m langen, sehr engen Gasse werden seit langer Zeit schon mit gebrauchten Kaugummis verziert. So ist mit der Zeit ein sehr buntes und durch und durch ekelhaftes Kunstwerk entstanden, das auch eigenwillige Duftnoten ausströmt. Wir möchten hier keine besondere Auszeichnung vergeben.

Etwas südlich von San Luis Obispo liegt Pismo Beach, wo wir eine Weile an dem unglaublich weitläufigen Sandstrand spazieren gehen und uns die hereindonnernde Brandung ansehen.

Um die weitere Fahrt nach Süden ein wenig abzukürzen, verlassen wir bei Pismo Beach den Highway 1 und fahren ein Stück durchs Landesinnere.

Einen Stopp legen wir in Solvang ein, einer kleinen Stadt, die Anfang des 20. Jahrhunderts von Dänen gegründet und einheitlich im dänischen Fachwerkhausstil errichtet wurde. Abgesehen von dänischen Bäckereien und Geschäften gibt es hier sogar eine Windmühle.

In Santa Barbara treffen wir wieder auf den Highway 1, dem wir dann weiter Richtung Süden folgen. Davor flanieren wir aber auch ein wenig durch diese Stadt. Sie markiert den Anfang von Southern California, und tatsächlich sehen wir hier zum ersten Mal diese extrem langstieligen Palmen, die irgendwie als der Inbegriff von Kalifornien gelten. Santa Barbara gilt als eine der teuersten Wohngegenden der USA - auch der von Iris hochgeschätzte Schriftsteller T.C. Boyle wohnt hier. Die Stadt zeigt sich wirklich aufgeräumt und herausgeputzt. Die Gebäude sind ebenfalls in einheitlichem spanisch-mexikanischem Stil errichtet: alle Fassaden weiß, alle Dächer ziegelrot.

Auf dem weiteren Verlauf des Highway 1 wird rasch klar, dass wir uns der Metropole Los Angeles annähern. Der Verkehr wird merklich dichter, ebenso die Bebauungsstrukturen. Um uns noch etwas die Beine zu vertreten, machen wir einen Halt im Prominenten-Nobelwohnort Malibu, genauer gesagt am Point Dume State Beach. Von dem dortigen Aussichtsfelsen genießen wir den Blick auf den Pazifik und marschieren anschließend noch bei schon tief stehender Sonne ein wenig den Stand entlang. Es gibt tatsächlich schlechtere Orte zum Leben. Ein bekanntes Film- oder Fernsehgesicht sehen wir bei unserem Strandspaziergang zwar nicht, dafür aber eine kleine Robbe, die lediglich ein paar Meter von uns entfernt in der Brandung spielt. Es ist schon fast dunkel, als wir das letzte Stück Richtung Los Angeles in Angriff nehmen.